„Ein Blick in die Vergangenheit zeigt uns, dass in Krisenzeiten bestehende Ungleichheiten größer werden. In der Finanzkrise 2008 haben wir zuletzt erlebt, wie staatliche Sparmaßnahmen, die die Krise ausgleichen sollten, bestehende Ungleichheiten – nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern auch zwischen Frauen und Männern – verschärft haben. In der aktuellen Krise gilt es, jetzt die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit drohende Missverhältnisse zwischen den Geschlechtern verhindert werden können. Dabei sollten wir vor allem die sich abzeichnende Retraditionalisierung der Arbeitsteilung in vielen Familien in den Fokus rücken. Sie birgt genügend Potenzial, um die Gleichstellung von Frauen und Männern um Jahrzehnte zurückzuwerfen. Deshalb muss hier umgehend gegengesteuert werden“, betonte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 15. Mai 2020.
Vor diesem Hintergrund hat die dbb bundesfrauenvertretung Handlungsempfehlungen formuliert, die für den Erhalt und die Stärkung der Gleichstellung in unserer Gesellschaft und im öffentlichen Dienst essenziell sind. Die dbb bundesfrauenvertretung hat drei zentrale Handlungsfelder identifiziert:
Gleichstellungspolitik nachhaltig gestalten und umsetzen!
Die strukturelle Benachteiligung aufgrund des Geschlechts muss in ganz Deutschland konsequent bekämpft werden. Das schließt auch das Krisenmanagement mit ein. Die geschlechtsspezifische Folgenabschätzung muss im Verfahren etabliert werden. Dies gilt ebenfalls für Maßnahmen- und Konjunkturpakete, die zur Bewältigung der Folgen einer tiefgreifenden Krise geschnürt werden. Dauerhaft gewährleistet werden kann dies durch die Einführung von Gender Budgeting als Leitprinzip staatlichen Handelns. Die paritätische Besetzung von Krisenstäben, wissenschaftlichen Expertengremien und politischen Entscheidungsgremien ist Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches gendergerechtes Krisenmanagement.
Entgeltunterschiede beseitigen!
Die Corona-Pandemie macht deutlich, wie wichtig der soziale Sektor für das Gemeinwohl ist. Dennoch werden hier die niedrigsten Branchenlöhne gezahlt. Die Tarifbindung in systemrelevanten Bereichen muss deutlich verbessert werden. Das trägt langfristig und branchenübergreifend zu einer Minimierung von geschlechterbedingten Lohnunterschieden bei. Eine Steigerung der Attraktivität der systemrelevanten Berufe muss durch eine bessere personelle Ausstattung, bessere Bezahlung sowie über die Schaffung adäquater Arbeitsbedingungen gefördert werden. Ein Erschwerniszuschlag muss auch für Pflege- und Betreuungsberufe eingeführt werden. Damit steigt langfristig auch der gesellschaftliche Wert der Sorgetätigkeiten im Privaten, die noch immer überwiegend von Frauen unbezahlt übernommen werden.
Digitalisierung gendergerecht gestalten!
Die gleichstellende Wirkung der Digitalisierung der Arbeitswelt muss gezielt genutzt werden, um geschlechterbedingten Benachteiligungen im Berufsleben zu begegnen. Dazu gehört aus Sicht dbb bundesfrauenvertretung die Einführung eines allgemeinen Anspruchs auf mobiles Arbeiten beziehungsweise Homeoffice. Dabei muss sichergestellt sein, dass Beschäftigten im öffentlichen Dienst durch die Tätigkeit im Homeoffice, im dienstlichen beziehungsweise beruflichen Werdegang, insbesondere bei den dienstlichen Beurteilungen und bei der Besetzung von Führungspositionen keine Nachteile entstehen. Der Entgrenzung der Arbeitszeit muss konsequent gegengesteuert werden.
Mehr zum Thema:
Aktuelle Positionen der dbb bundesfrauenvertretung zur Situation von Frauen in Zeiten von Covid 19 (PDF)
Bild Einkommenstabellen: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild dbb SPEZIAL zum Coronavirus: Christian Daum / pixelio.de