Mit Blick auf das Tagungsmotto „Wohnen im Alter – unbezahlbar in der Stadt oder verlassen auf dem Land?“ bezeichnete der der Zweite Vorsitzende des dbb, Friedhelm Schäfer die Entwicklung des Wohnungsmarktes in Deutschland als „tickende Zeitbombe“ und forderte, wohnungsmarkt- und infrastrukturpolitische Instrumente ganzheitlich einzusetzen, um zukunftsorientierte Lösungen zu entwickeln.
Die Wohnungsmisere sei nicht über Nacht entstanden, sondern ein Ergebnis jahrzehntelanger Fehlplanung und Fehlinvestition: „Ballungsräume haben nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum, ländliche Räume keine ausreichende Infrastruktur. Hinzu kommen die Folgen des demografischen Wandels wenn junge Menschen in die Stadt ziehen, während Ältere bei schwindender Infrastruktur auf dem Land zurückbleiben“, so Schäfer. Die Politik habe diese Entwicklung zwar erkannt, es mangele aber an konkreten Gegenmaßnahmen.
Bei der Verbesserung ländlicher Infrastrukturen vorwiegend auf Digitalisierung zu vertrauen, sei zu kurz gedacht: „Ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen können nicht ohne Weiteres Computer und Internet nutzen, weil die technischen Hürden für viele zu hoch sind. Außerdem sind zwischenmenschliche Kontakte und der persönliche Austausch unerlässlich“, sagte der dbb Vize. Das müsse sich im infrastrukturellen Angebot von der Mobilität bis zur medizinischen Versorgung widerspiegeln. „Die Erreichbarkeit von Behörden, Apotheken, Medizin und Pflege ebenso wie Bildungs- und Kulturangeboten ist dabei eine besondere Herausforderung. Wir werden uns von lieb gewonnenen Gewohnheiten verabschieden müssen. Aber die Menschen können auch erwarten, dass sie für die Belange des täglichen Lebens nicht erst 30 Kilometer fahren müssen.“ Ebenso müssten alternative und finanzierbare Wohnformen für Senioren intensiver gefördert werden - auf dem Land und in der Stadt.
Der Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung Horst Günther Klitzing attestierte Bund, Ländern und Gemeinden wohnungsmarktpolitische Konzeptlosigkeit: „Ein behördliches Zuständigkeitswirrwarr fördert Insellösungen und verhindert schnelle Veränderungen. Die Politik hat kaum Perspektiven für individuelle Lebensplanungen der Menschen, und in vielen Entscheidungsgremien scheint Ideologie wichtiger zu sein als weitsichtige und nachhaltige Lösungen.“
Als Konsequenz aus dem 7. Altersbericht der Bundesregierung von 2017 forderte Klitzing die Schaffung von mehr generationengerechtem Wohnraum durch Neu- und Umbau, die Entwicklung alternativer Wohnformen sowie die Förderung technischer Assistenzsysteme. „Die Empfehlungen der Altersberichte müssen mehr Beachtung in der politischen Praxis finden. Derzeit reagiert die Industrie schneller auf demografische Trends und die Bedürfnisse der älteren Generation als die Politik“, kritisierte Klitzing.
Ausführlicher Bericht & Bilderschau der 5. Seniorenpolitischen Fachtagung (dbb.de)
Bild Einkommenstabellen: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild dbb SPEZIAL zum Coronavirus: Christian Daum / pixelio.de