Den Stellenwert der Veranstaltung unterstrich der Besuch der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Katarina Barley. In der Vortragsreihe zu den Grundrechten der Bundesrepublik Deutschland hielt Prof. Dr. Frank Schorkopf ein Referat zum sehr aktuellen Thema „Streikende Beamte“.
Zum Auftakt der Veranstaltung zeigte sich der BDR-Bundesvorsitzende Mario Blödtner sehr erfreut über das neue, gemeinsame Format des mittlerweile schon etablierten BDR-Sommerfests, dass durch den mitausrichtenden Gerichtsvollzieherbund und Amtsanwaltsverein nochmals aufgewertet wurde.
Mit Blick auf die aktuellen justizpolitischen Themen lobte er den im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung festgeschriebenen Pakt für den Rechtsstaat, mit dem die Justiz gestärkt werden soll. „Dieser Pakt hat bereits jetzt zu einer größeren öffentlichen Wahrnehmung der Probleme in der Justiz geführt. Dieser Schwung muss jetzt dringend und schnell ausgenutzt werden“, stellte der BDR-Bundesvorsitzende fest. Er kritisierte jedoch dessen unkonkrete Ausgestaltung. „Lediglich die Anzahl fehlender Stellen für Richterinnen und Richter, sowie für Sicherheitsbehörden ist genau beschrieben. Personal fehlt aber nicht nur dort und ist zum Funktionieren des Rechtsstaates eben auch an den anderen Schnittstellen dringend erforderlich“, machte Blödtner deutlich und forderte die Bundesjustizministerin auf, die Fachkompetenz der Rechtspfleger, Gerichtsvollzieher und Amtsanwälte in die weitere Umsetzung einzubeziehen.
Bezüglich der Digitalisierung in der Justiz sprach sich der BDR-Chef für die Etablierung gemeinsamer Fachverfahren und einheitlicher Regelungen zur Aktenführung aus. „Föderalismus ist hierbei bestimmt kein Segen und auch nicht sachdienlich. Die Justiz muss insgesamt funktionieren und auch mit allen Anwendern sehr gut zusammenarbeiten. Verschiedene Systeme sind dabei eher hinderlich“, so Blödtner.
Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley erläuterte in ihrem Grußwort, dass sich die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode für den Justizbereich viel vorgenommen habe. Zum Pakt für den Rechtsstaat berichtete sie, dass bereits auf der Justizministerkonferenz am 6. und 7. Juni 2018 in Eisenach sehr intensiv über dessen Umsetzung gesprochen wurde. Sie machte keinen Hehl daraus, dass die Stellenoffensive das vorherrschende Thema und die vorherrschende Frage an sie vonseiten der Länder war. Die Ministerin betonte, dass aus ihrer Sicht der Pakt für den Rechtsstaat aus deutlich mehr bestehe, als aus zusätzlichen Stellen. „Ich stelle mir unter dem Pakt für den Rechtsstaat eine umfassende Qualitätsoffensive vor“, so Barley. Insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung in der Justiz räumte sie ein, dass es noch sehr viel Luft nach oben gäbe: „Das betrifft zum einen die Ausstattung, aber es betrifft auch die Vermittlung von Kompetenzen, wie man damit umgeht“. Mit den Justizgewerkschaften erhoffe sie sich eine gute, ertragreiche und konstruktive Zusammenarbeit, um die gesteckten Ziele gemeinsam zu erreichen.
Im Rahmen der Vortragsreihe namhafter Persönlichkeiten zu den Grundrechten der Bundesrepublik Deutschland hielt in diesem Jahr der Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht und Europarecht an der Universität Göttingen, Prof. Dr. Frank Schorkopf, einen Kurzvortrag zum Thema „Streikende Beamte – Überlegungen zur Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes“. Aktueller hätte die Themenwahl am Vorabend zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Streikverbot für Beamte nicht sein können.
In seinem Vortrag ging es Prof. Dr. Schorkopf aber nicht darum, die Rechtsstandpunkte der Verfassungsbeschwerden nachzuzeichnen, sondern grundsätzliche Überlegungen anzustellen. Er erläuterte, warum das Dienst- und Treueverhältnis der Beamten und die konfrontative Durchsetzung von Beschäftigteninteressen in Form eines Streiks nicht zusammen passten und hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Alimentationsprinzips und des „Beamtengrundrechts“ nach Art. 33 Abs. 5 GG als Kompensationen hervor. Er problematisierte, dass einige Bundesländer die Alimentation gerade so weit anpassten, dass die rechtstechnische Grenzlinie zur Unteralimentation nicht verletzt werde und der Grundrechtsschutz eher eine schöne Fassade zu sein scheine und wies darauf hin, dass das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten zwar formal ins Lot gebracht werde, aber in der Sache weiterhin eine Schieflage bestehe, die es geradezurücken gelte. Dies sei weder durch das Bemühen zu attraktiveren Arbeitsbedingungen noch durch eine eventuelle künftige Besoldungsvereinheitlichung alleine zu erreichen. „Es muss der Wille bestehen, das Beamtengrundrecht auch ohne unwiderstehlichen Zwang einzuhalten, aus der Überzeugung heraus, dass die Interessen dahinter für die individuelle Freiheit und die politische Gemeinschaft insgesamt förderlich sind“, so Prof. Dr. Schorkopf.
Im Anschluss an den Vortrag bot sich für alle Gäste Gelegenheit, aktuelle rechtsspezifische und fachpolitische Themen zu erörtern sowie außerhalb des sonstigen Protokolls ganz persönlich die Belange der Justizgewerkschaften vorzustellen und zu diskutieren. Der VRB war vertreten durch die Vorsitzenden Diana Böttger und Matthias Stolp.
Ein großer Dank und höchste Anerkennung für die gelungene Veranstaltung gebührt auch in diesem Jahr dem Organisationsteam des BDR-Landesverbandes Berlin, das die Herausforderungen der erhöhten Teilnehmeranzahl souverän bewältigte. So konnten die Gäste bei bestem Wetter einen entspannten Sommerabend mit kulinarischen Spezialitäten, Musik und guten Gesprächen in lockerer Atmosphäre genießen.
Bild Einkommenstabellen: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild dbb SPEZIAL zum Coronavirus: Christian Daum / pixelio.de