Mit ihrer Berichterstattung zu den Themenschwerpunkten des Jahres 2016 zogen die Vorsitzenden Diana Böttger und Matthias Stolp nach der Neuwahl des Vorstands und der Satzungsneufassung im September letzten Jahres zugleich eine erste positive Zwischenbilanz. „Erstmals in der Vereinsgeschichte stehen zwei Personen an der Spitze des Berufsverbands. Mit der paritätisch besetzten Doppelspitze wurden die verbandspolitischen Kernforderungen des VRB nach einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf, Familie und ehrenamtlichem Engagement sowie nach mehr Frauen in Führungspositionen in der eigenen Struktur umgesetzt“, resümierte Böttger. „Die Gewerkschaftsarbeit wird zunehmend komplexer. Auch mit einem sehr engagierten Stab im Gesamtvorstand ist es schwierig und eine große Herausforderung, alle Themen und Rahmenbedingungen als Vorsitzender im Blick zu haben. Aus diesem Grund bin ich mehr als dankbar für unser neues Führungsteam. Wir haben uns bereits gut organisiert und die Aufgaben und Terminwahrnehmungen verteilt. So bleibt im Ergebnis mehr Zeit für die einzelnen Angelegenheiten“, ergänzte Stolp
Zu den weiteren verbandspolitischen Themenschwerpunkten des vergangenen Jahres gehörten insbesondere die Mitwirkung des VRB innerhalb der Solidargemeinschaft des dbb beamtenbund und tarifunion an der zeit- und wirkungsgleichen Übertragung des Tarifergebnisses für den öffentlichen Dienst im Bund auf die Beamtinnen und Beamten, Versorgungsempfängerinnen und -empfänger sowie die Mitwirkung des VRB innerhalb des Bundes Deutscher Rechtspfleger (BDR) an der Fortentwicklung des Rechtspflegerrechts durch die Erarbeitung und Verabschiedung des Vorschlags für eine Neufassung des Rechtspflegergesetzes, der bereits in die öffentliche Diskussion eingebracht wurde. „In dem Entwurf fordert der BDR, ein eigenes Statusamt für Rechtspfleger zu schaffen, die in zahlreichen Rechtsgebieten bestehenden Öffnungsklauseln aufzuheben und durch verbindliche Aufgabenübertragungen zu ersetzen, Aufgaben in der Justiz- und Gerichtsverwaltung dem Rechtspflegeramt zuzuordnen und die Geschäftsverteilung der Rechtspfleger durch einen Rechtspflegerrat zu regeln. Ziel des BDR ist es, diesen Entwurf in ein Gesetzgebungsverfahren einzubringen“, erläuterte die VRB-Vorsitzende.
Für die künftige Verbandsarbeit in der neuen Wahlperiode zeigten die Vorsitzenden eine ganze Reihe von Themen auf, die es mit der Unterstützung des Gesamtvorstands zu bearbeiten gilt. „Die familienfreundlichere Ausrichtung des öffentlichen Dienstes, der demografische Wandel, die Nachwuchsgewinnung im Rechtspflegerbereich für den Bundesdienst und die weiteren Entwicklungen zum elektronischen Rechtsverkehr in den Bundesgerichten werden uns inhaltlich weiter beschäftigen“, so Matthias Stolp. „Dabei soll das Feedback der Mitglieder noch stärker in den Vordergrund gerückt werden.“
So wird sich der VRB weiterhin für die Angleichung der Wochenarbeitszeit von Beamten und Tarifbeschäftigten einsetzen, da die unterschiedlichen Regelungen von den Kolleginnen und Kollegen als eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung kritisiert werden. Zudem wird sich der VRB aufgrund zahlreicher Gespräche mit den Mitgliedern zur verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie dafür einsetzen, die Regelungen der Urlaubsansparung zur Kindesbetreuung zu erweitern, in einem festzulegenden Rahmen die Inanspruchnahme halber Erholungsurlaubstage zu ermöglichen sowie die Gewährung von Sonderurlaub bei ärztlich bescheinigter Erkrankung eines Kindes einkommensunabhängig zu gestalten und die Altersgrenze für Kinder bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzuheben. Zudem wird der VRB das Thema „Erprobung von Langzeitarbeitskonten im Geschäftsbereich des BMJV“ fokussieren. „Familie und Beruf können und dürfen keine sich ausschließenden Lebensentwürfe sein. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als familienfreundlicher Arbeitgeber muss weiter gesteigert werden. Dazu tragen diese Initiativen bei“, unterstrich die Frauenbeauftragte des VRB Katja Maßenberg.
Weiterhin wird der VRB die Möglichkeit näher beleuchten, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger vermehrt auch in anderen Bereichen als bisher im Bundesdienst einzusetzen. Insbesondere die Personalverstärkung durch abgeordnete Kolleginnen und Kollegen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, aber auch die bereits wahrgenommenen Rechtspflegertätigkeiten in anderen Bundesressorts haben entsprechende Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt. In diesem Zusammenhang, aber auch für die Nachwuchsgewinnung in der Bundesjustiz, spricht sich der VRB für die Einstellung von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern speziell für den Bundesdienst aus, die zur Absolvierung des Studiums in Kooperation mit den Ländern erfolgen soll. „Insbesondere die eigene Nachwuchsförderung muss aus unserer Sicht stärker in den Fokus der Demografiestrategie des Bundesjustizdienstes gerückt werden“, betonte Diana Böttger.
Der VRB wird seine Positionen auch mit entsprechenden Anträgen auf dem dbb-Gewerkschaftstag im November 2017 in Berlin einbringen.
Im Hinblick auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mahnte der VRB die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bürger und Justizbediensteten an. Maßstab darf nicht das technisch Machbare oder die größtmögliche Rationalisierung sein, sondern der Nutzen für die Anwender. Die Justiz hat als Dritte Gewalt im Staat eine besondere verfassungsrechtliche und gesellschaftspolitische Rolle. Vor diesem Hintergrund ist eine sorgsame und mit Augenmaß geplante Umsetzung aller Vorhaben zur Einführung der elektronischen Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs unabdingbar. „Die Justiz steht vor einem grundlegenden Umbruch, der sich nachhaltig auf nahezu alle Arbeitsbedingungen und alle Berufsgruppen innerhalb der Justiz auswirken wird“, erläuterte Matthias Stolp. Der Transformationsprozess brauche daher Akzeptanz. „Die Bediensteten sind diejenigen, die am unmittelbarsten mit den geplanten neuen Verfahren konfrontiert werden. Sie müssen auf dem Weg mitgenommen werden. Nur Transparenz kann Hemmnisse und Vorbehalte gegenüber neuen Technologien abbauen“, hob er hervor.
Berichte der Frauenbeauftragten Katja Maßenberg zur Forderung einer diskriminierungsfreien Ausgestaltung des Beurteilungssystems und der Beförderungspraxis im öffentlichen Dienst für mehr Gerechtigkeit bei den Aufstiegschancen von Frauen und Männern sowie des Seniorenvertreters Heinrich Hellstab, der insbesondere den Beschluss der Bundesregierung zur Neuregelung des Notvertretungsrechts unter Ehegatten und Lebenspartnern begrüßte, des Vorsitzenden Matthias Stolp zur Arbeit der AG Justiz im dbb, die derzeit ein gemeinsames Positionspapier mit der Überschrift „Starker Rechtsstaat – Starke Justiz“ abstimmt, der Vorsitzenden Diana Böttger über das BDRhauptstadtFORUM 2017 und die Frühjahrssitzung des BDR-Präsidiums und der Abteilungsvorsitzenden wurden gemeinsam erörtert und ergänzten das weite Themenspektrum des VRB.
Insgesamt zog der Gesamtvorstand am Ende seiner Sitzung eine positive Bilanz und war sich sicher, mit der Umstrukturierung für die künftigen Aufgaben gut aufgestellt zu sein. „Das 50-jährige Vereinsjubiläum im Jahre 2018 kann kommen!“, so die beiden Vorsitzenden des VRB.
Bild Einkommenstabellen: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild dbb SPEZIAL zum Coronavirus: Christian Daum / pixelio.de