Bundesjustizminister Heiko Maas erläuterte die Gesetzentwürfe: „Mit der europäischen Patentreform werden innovative Unternehmen durch einen besseren Schutz ihrer Erfindungen im europäischen Binnenmarkt nachhaltig gestärkt. Künftig wird ein einheitlicher Patentschutz in Europa eröffnet, der effizient in einem Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht mit Wirkung für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten durchgesetzt werden kann. Insbesondere die deutsche Industrie, auf die rund 40 Prozent der vom Europäischen Patentamt an europäische Anmelder erteilten Patente entfallen, wird von dem verbesserten Schutz von Innovationen profitieren. Mit den heute beschlossenen Gesetzentwürfen schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen dafür, dass das Einheitliche Patentgericht zügig seine Arbeit aufnehmen kann. Deutschland als besonders erfahrenes Patentland wird mit der Zentralkammerabteilung in München und den Lokalkammern des Gerichts in Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München eine wichtige Rolle übernehmen. Der Reform kommt Bedeutung über das Patentrecht hinaus zu. Beim Einheitlichen Patentgericht handelt es sich um das erste europäische Zivilgericht, das mit unmittelbarer Wirkung für die teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten entscheidet. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten stellen damit ihre Handlungsfähigkeit bei der Schaffung gemeinsamer verbesserter Rahmenbedingungen für ein innovatives Europa eindrucksvoll unter Beweis.“
Zum Hintergrund:
Die europäische Patentreform mit dem EU-Einheitspatent sowie dem Einheitlichen Patentgericht als erstem grenzüberschreitend zuständigen Zivilgericht bringt die mehr als fünf Jahrzehnte währenden Bemühungen erfolgreich zum Abschluss und bildet den neuen Rechtsrahmen für einen einheitlichen europäischen Patentschutz.
Der heute beschlossene Entwurf des Vertragsgesetzes soll die Voraussetzungen für die Ratifikation des am 19. Februar 2013 unterzeichneten Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht und des am 1. Oktober 2015 unterzeichneten Protokolls zum Übereinkommen betreffend die vorläufige Anwendung schaffen.
Mit dem Übereinkommen wird das Einheitliche Patentgericht errichtet, das mit unmittelbarer Wirkung über europäische Patentstreitigkeiten in den 25 teilnehmenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union entscheiden soll. Zu diesem Zweck wird es für Streitigkeiten über klassische europäische Bündelpatente zuständig sein, die nach dem Europäischen Patentübereinkommen vom Europäischen Patentamt erteilt werden. Bisher sind diese Rechtsstreitigkeiten den nationalen Gerichten zugewiesen, deren Entscheidungen auf das Territorium des jeweiligen Staates begrenzt sind. Darüber hinaus wird das Gericht für Streitigkeiten betreffend das neue EU-Einheitspatent zuständig sein, das mit den EU-Verordnungen Nr. 1257 und 1260 / 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des einheitliche Patentschutzes geschaffen wird.
Das Einheitliche Patentgericht wird über eine in den einzelnen Mitgliedstaaten angesiedelten Eingangsinstanz und ein Berufungsgericht in Luxemburg verfügen. In der Bundesrepublik Deutschland als besonders bedeutsamen Patentland sollen fünf erstinstanzliche Standorte eingerichtet werden: Eine Zentralkammerabteilung in München sowie Lokalkammern in Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München.
Das Einheitliche Patentgericht wird seine Arbeit voraussichtlich Anfang 2017 aufnehmen.
Das Protokoll betreffend die vorläufige Anwendung bestimmter Artikel des Übereinkommens und der Satzung soll dafür sorgen, dass das Einheitliche Patentgericht bereits vom ersten Tag ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens arbeitsfähig ist.
Der heute ebenfalls beschlossene Gesetzentwurf zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform, enthält Ausführungs- und Folgebestimmungen im deutschen Recht. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich in erster Linie auf das Gesetz über internationale Patentübereinkommen.
Zu den wichtigsten Neuerungen zählen Vorschriften, die neben dem Schutz durch einen europäischen patentrechtlichen Schutztitel künftig für dieselbe Erfindung auch den Schutz durch nationale Patente ermöglichen. Hierdurch soll insbesondere der innovativen Industrie die Möglichkeit eröffnet werden, sich für den im Einzelfall am besten geeigneten Schutz entscheiden zu können. Ergänzend wird eine Einrede der doppelten Inanspruchnahme geschaffen. Dadurch soll verhindert werden, dass Beklagte aus zwei Schutztiteln, die dieselbe Erfindung schützen, in Anspruch genommen werden.
Quelle: BMJV
Der VRB sieht die Reform des europäischen Patentsystems nicht nur positiv und weist bei Erfolg des neuen Systems auf nicht unbeträchtliche Einnahmeminderungen beim Bundespatentgericht durch den Wegfall von Gebühren für Nichtigkeitsverfahren gegen klassische EP-Bündelpatente und möglicherweise auch beim Deutschen Patent- und Markenamt durch geringere Jahresgebühren für die europäischen Patente hin. Zudem sind beim Rückgang der Anzahl der Nichtigkeitsverfahren europäischer Patente Stellenstreichungen beim Bundespatentgericht zu befürchten. Dieser Entwicklung muss aus Sicht des VRB rechtzeitig durch die Zuweisung neuer Aufgaben entgegengetreten werden.
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