„Es wird der Eindruck erweckt, dass die Gewerkschaftsforderung nach sechs Prozent mehr Einkommen quasi den unmittelbaren Staatsbankrott nach sich ziehen würde“, erklärte Russ weiter. „Wir werden auf keinen Fall akzeptieren, dass die Kolleginnen und Kollegen für die Sanierung der angespannten Finanzsituation der Kommunen missbraucht werden.“ Es gehe bei den Gewerkschaftsforderungen darüber hinaus nicht lediglich um einen Nachholbedarf der Beschäftigten. Russ: „Statt von Nachholbedarf zu reden, sollten wir von den enormen Vorleistungen reden, die die Beschäftigten bei Bund und Kommunen seit Monaten im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation erbringen und die sich zum Beispiel in immer höheren Überstundenbergen auftürmen.“
Bei der Potsdamer Verhandlungsrunde seien die Argumente der Gewerkschaften und Arbeitgeber in einem ersten Durchgang diskutiert worden. Natürlich seien die Gewerkschaften dabei auch auf Kompromisse vorbereitet, so Russ weiter. „An einem Punkt allerdings, werden wir massiven Widerstand leisten. Verschlechterungen in der betrieblichen Altersversorgung des öffentlichen Dienstes wird es mit uns nicht geben.“
Der Vorsitzende des Vereins der Rechtspfleger im Bundesdienst (VRB), Matthias Stolp, bedauerte den ergebnislosen Verhandlungsauftakt: „Die Arbeitgeber haben die Chance vertan, einen inhaltlichen Einstieg in die Verhandlungen zu ermöglichen und die gleiche Handlungsfähigkeit erkennen zu lassen, die die Bediensteten des öffentlichen Dienstes insbesondere in der Umsetzung der politischen Versprechen im Rahmen der Integrationsarbeit alltäglich zeigen.“
Um den Druck zur nächsten Verhandlungsrunde am 11./12 April 2016 zu erhöhen, erteilte der dbb seinen Mitgliedsgewerkschaften für die Zeit vom 4. April 2016 bis einschließlich 11. April 2016 die grundsätzliche Freigabe zu jeweils bis zu eintägigen Arbeitskampfmaßnahmen (Warnstreiks).
Hintergrund:
Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) sind insgesamt knapp zwei Millionen Beschäftigte betroffen: 147.335 Arbeitnehmer des Bundes, 1.241.845 Arbeitnehmer der Kommunen, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie 179.595 Beamte und 179.000 Versorgungsempfänger des Bundes, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Die wirkungsgleiche Übertragung betrifft nur die Bundesbeamten, da die Kommunalbeamten nach den jeweiligen Landesgesetzen besoldet/versorgt werden.
Die wichtigsten Forderungen der Gewerkschaften:
Lineare Erhöhung der Tabellenentgelte um 6 Prozent; Erhöhung der Auszubildendenentgelte um 100 Euro monatlich; Angleichung des Urlaubsanspruchs auf 30 Tage und unbefristete Übernahme für alle Auszubildenden; Tariflicher Ausschluss sachgrundloser Befristungen sowie die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 12 Monate betragen.
Bild Einkommenstabellen: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild dbb SPEZIAL zum Coronavirus: Christian Daum / pixelio.de