Gesetzentwurf zur Tarifeinheit: dbb kündigt Verfassungsklage an

Gesetzentwurf zur Tarifeinheit
Foto: Marco Urban
Heute hat das Bundeskabinett den umstrittenen Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit beschlossen. Der dbb beamtenbund und tarifunion hatte die Bundesregierung im Vorfeld nochmals nachdrücklich aufgefordert, von dem geplanten Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit abzusehen. Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt kritisierte wenige Stunden vor der Abstimmung im Bundeskabinett die geplanten tiefgreifenden Einschnitte in das bewährte deutsche Arbeitskampfrecht: „Wir haben erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.“

„Obwohl Streikrecht und Friedenspflicht im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt werden, ist doch das ganze Gesetz darauf ausgerichtet, Arbeitskämpfe kleinerer Gewerkschaften dadurch zu untersagen, dass sie von Arbeitsgerichten stets als unverhältnismäßig, weil auf ein rechtlich unmögliches Ziel gerichtet, angesehen würden. Außerdem wird auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung tangiert, wenn die Gewerkschaftszugehörigkeit der Beschäftigten ohne deren Zustimmung offengelegt wird, um die Stärke einer Gewerkschaft im ‚Betrieb‘ zu messen“, sagte der dbb Chef.

Sollte die Zwangstarifeinheit tatsächlich in der vorgesehenen Form vom Gesetzgeber beschlossen werden, bleibe dem dbb nur der Weg vor das Bundesverfassungsgericht. Dauderstädt: „Natürlich werden wir den Rechtsweg beschreiten. Die Koalitionsfreiheit ist ein viel zu hohes Gut, um sie zum Gegenstand kurzsichtiger Tauschgeschäfte zwischen BDA, DGB und Bundesregierung zu machen. Wir sind sicher, dass das Projekt in seiner jetzigen Form einer Prüfung in Karlsruhe nicht standhalten würde und können die Bundesregierung vor diesem Hintergrund nur warnen, das Gesetzesvorhaben weiter zu verfolgen. Die Politikerverdrossenheit in der Bevölkerung – auch und vor allem im öffentlichen Dienst – wird weiter gefördert, wenn Bundesregierung und Bundestag immer öfter Gesetze beschließen, die über kurz oder lang vom Bundesverfassungsgericht nachgebessert oder kassiert werden müssen.“

Zum Hintergrund:

Bis 2010 gab es den Grundsatz der Tarifeinheit, der klar vorgab: Ein Betrieb, ein Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht kippte das über Jahrzehnte gültige Prinzip, da es für verfassungswidrig befunden wurde. Seitdem können für dieselbe Beschäftigungsgruppe in einem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge gelten.

Das neue Gesetz soll nun wieder einen gesetzlichen Rahmen für Fälle schaffen, in denen Gewerkschaften ihren Streit innerhalb eines Betriebs nicht allein lösen können. Nach dem Mehrheitsprinzip soll in dem Bereich, in dem es zu kollidierenden Tarifverträgen kommen würde, der Vertrag der Gewerkschaft gelten, welche die meisten Mitarbeiter vertritt. Die Bundesregierung sieht darin einen Schritt in Richtung Lohngerechtigkeit.

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