Teilzeit: Nicht schlechter bezahlen als Vollzeit

Helene Wildfeuer
dbb bundesfrauenvertretung
Die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer
Für die grundsätzliche Aufwertung von Teilzeitarbeit hat sich die dbb bundesfrauenvertretung ausgesprochen. Neben dem Abbau struktureller Benachteiligungen von Teilzeitbeschäftigten fordert sie zudem den Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur. „Die schlechte Infrastruktur bei der Ganztagsbetreuung in Kitas – und ganz besonders in Schulen – hindert noch immer viele Frauen daran, ihrem Wunsch nach längeren Wochenarbeitszeiten nachzugehen. Es ist ein Skandal, dass sie dafür zusätzlich mit niedrigeren Entgelten bestraft werden“, machte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 14. November 2019 deutlich.

Auch im öffentlichen Dienst sei dieses Phänomen zu beobachten. „Wer weniger Arbeitsstunden in der Dienststelle verbringt, erhält schlechtere Leistungsbeurteilungen. Damit sinkt die Chance, in eine gut dotierte Position befördert zu werden. Über 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst sind Frauen, viele von ihnen sind von dieser Problematik betroffen“, erläuterte Wildfeuer, die sich für eine diskriminierungsfreie Beförderungspraxis im öffentlichen Dienst einsetzt.

Darüber hinaus wirbt Wildfeuer für die Aufwertung der Teilzeit, um Männern und Frauen die partnerschaftliche Aufteilung der Sorgearbeit zu erleichtern. „Wir müssen uns von der Idee verabschieden, Frauen mit aller Macht ins männliche Ideal des Vollzeiterwerbstätigen drängen zu wollen. Wir müssen vielmehr in vollzeitnahen Arbeitszeitkontingenten denken, die für Männer gleichermaßen attraktiv sind. Das heißt auch, dass Führungsaufgaben auf diese Kategorien zugeschnitten werden müssen.“ Der digitale Wandel der Arbeitswelt birgt nach Auffassung Wildfeuers hierfür eine wichtige Chance. „Wenn mobiles und flexibles Arbeiten gleichstellungsorientiert umgesetzt wird, entsteht eine Win-win-Situation für Beschäftigte und Dienstgebende“, so Wildfeuer.

Hintergrund
Das Deutsche Wirtschaftsinstitut (DIW) hat die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland analysiert und stellt einen deutlichen Anstieg der Teilzeitquote unter erwerbstätigen Frauen fest. Die Teilzeitquote lag danach 2017 bei Frauen in den alten Ländern bei gut 38 Prozent, in den neuen Ländern bei etwa 27 Prozent – jeweils über zehn Prozentpunkte mehr als Mitte der 1990er Jahre. Gleichzeitig nahm der Part-time Wage Gap zu: Frauen mit Teilzeitjob erhalten durchschnittlich einen um rund 17 Prozent geringeren Stundenlohn als Frauen mit Vollzeitjob. Die Brückenteilzeit wird als erster Schritt genannt, der Teilzeitfalle zu begegnen. Darüber hinaus wird in der DIW-Studie der Ausbau der Ganztagsschulbetreuung, aber auch eine Reform des Ehegattensplittings als zielführend gewertet.

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