VRB nimmt Koalitionsvertrag unter die Lupe

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
Foto: VRB
Mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl einigten sich CDU, CSU und SPD am 7. Februar 2018 auf einen Koalitionsvertrag. Er trägt die Überschrift: „Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“. Auf dieser Grundlage soll Deutschland weiterhin von einer großen Koalition regiert werden. Das neue schwarz-rote Bündnis unter Kanzlerin Angela Merkel steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Parteien der Vereinbarung zustimmen. Bei CDU und CSU geschieht das in den Gremien, bei der SPD durch einen Mitgliederentscheid. Der VRB hat die Aussagen der Parteien mit Blick auf die eigenen verbandspolitischen Schwerpunkte unter die Lupe genommen.

Der VRB erwartet als Bundesbeamtengewerkschaft, dass die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes weiterhin sichergestellt ist. Was wollen die künftigen Regierungsparteien dafür tun?

CDU, CSU, SPD:
Wir bekennen uns zu einem modernen öffentlichen Dienst, der mit bestens ausgebildeten und hochmotivierten Beschäftigten seine Aufgabe gut, zuverlässig und effizient erledigt. Wir werden uns um die Nachwuchsgewinnung kümmern. Der öffentliche Dienst muss unter Beibehaltung seiner Qualifikationsanforderungen attraktiv sein, damit der Staat im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen kann. Tarifabschlüsse (TVöD) wollen wir grundsätzlich gleich auf die Bundesbeamtenbesoldung übertragen. Das Bundespersonalvertretungsrecht wird novelliert.

Wir wollen Arbeitszeitkontenmodelle im öffentlichen Dienst einführen, die einen planbaren Überstunden- und Mehrarbeitsabbau unter Berücksichtigung besonders belasteter Bereiche ermöglichen.

Der Bund nimmt für seine Beschäftigten in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten die Wohnungsfürsorge verstärkt wahr. Dazu soll der Wohnungsbestand der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben genutzt und weiterentwickelt werden.

Die „Digitalisierung in der öffentliche Verwaltung“ war ein Schwerpunktthema der dbb Jahrestagung 2018. Wie wollen die Koalitionspartner den Ausbau voranbringen?

CDU, CSU, SPD:
Der digitale Zugang zu Verwaltungsleistungen soll zur Regel, Schriftform und das persönliche Erscheinen soweit möglich durch gleichwertige digitale Lösungen ersetzt werden (Digital First).

Wir wollen ein digitales „Bürgerportal“ für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen schaffen, indem wir zentrale und dezentrale Verwaltungsportale miteinander vernetzen.

Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten grundsätzlich nur einmal angeben müssen. Mit ihrer Zustimmung sollen bestimmte zur Verfügung gestellte Daten unter den Behörden weitergegeben werden. Wir wollen damit auch erreichen, dass berechtigte Leistungsansprüche, wie z. B. das Kindergeld nach der Meldung einer Geburt, künftig antragslos und proaktiv gewährt werden können. Dabei sorgen wir für sichere Kommunikationswege, sowie vollständige Transparenz und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger über ihre Daten.

Der digitale Wandel der öffentlichen Verwaltung wird auch in der Aus- und Fortbildung und der Organisationsentwicklung vorangetrieben.

Der VRB setzt sich für eine bürgernahe und effiziente Justiz ein und fordert u.a. eine aufgabengerechte Personalausstattung für die Justiz, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs. Wo setzt die große Koalition ihre Schwerpunkte?

CDU, CSU, SPD:
Wir werden den Rechtsstaat handlungsfähig erhalten. Dies stärkt auch das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie. Wir werden einen Pakt für den Rechtsstaat auf Ebene der Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern schließen. Bestandteil dieses Paktes sind 2000 neue Richterstellen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entsprechendes Folgepersonal. Die Länder haben mit der Ausweitung des Justizpersonals bereits begonnen. Die Personalausstattung des Generalbundesanwalts wird verbessert. Wir werden die Digitalisierung der Justiz in allen Bereichen konsequent und einheitlich vorantreiben. Wir stärken die digitale und interkulturelle Kompetenz.

Wir stärken das Vertrauen in den Rechtsstaat, indem wir die Strafprozessordnung (StPO) modernisieren und Strafverfahren beschleunigen.

Wir werden das Vormundschaftsrecht modernisieren und das Betreuungsrecht unter Berücksichtigung der Ergebnisse der jüngst durchgeführten Forschungsvorhaben in struktureller Hinsicht verbessern. Im Einzelnen wollen wir den Vorrang sozialrechtlicher Hilfen vor rechtlicher Betreuung, die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“), sowie die Finanzierung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern stärken. Für eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer wollen wir ebenfalls zeitnah Sorge tragen.

Nach Trennung und Scheidung wollen beide Elternteile zumeist intensiv in die Erziehungsverantwortung für ihre Kinder eingebunden bleiben. Dies wollen wir bei Umgang und Unterhalt stärker berücksichtigen, wenn die Eltern sich einig sind oder Gründe des Kindeswohls vorliegen. Dabei muss das Kindeswohl stets im Mittelpunkt stehen. Wir prüfen, inwieweit Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich geregelt werden könnten.

Wir werden das Personengesellschaftsrecht reformieren und an die Anforderungen eines modernen, vielfältigen Wirtschaftslebens anpassen; wir werden eine Expertenkommission einsetzen, die gesetzliche Vorschläge für eine grundlegende Reform erarbeitet.

Durch die Einführung einer Musterfeststellungsklage werden wir die Rechtsdurchsetzung für die Verbraucherinnen und Verbraucher verbessern.

Der VRB macht sich in seiner Verbandspolitik insbesondere für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark. Diese können und dürfen keine sich ausschließenden Lebensentwürfe sein. Welche Rahmenbedingungen will die neue Regierung dafür schaffen?

CDU, CSU, SPD:
Wir wollen einen Rahmen schaffen, in dem Unternehmen, Beschäftigte und die Tarifpartner den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht werden können. Wir wollen Familien in ihrem Anliegen unterstützen, mehr Zeit füreinander zu haben und die Partnerschaftlichkeit zu stärken. Wir werden dazu Modelle entwickeln, mit denen mehr Spielraum für Familienzeit geschaffen werden kann. Die Chancen der Digitalisierung wollen wir nutzen, um den Beschäftigten mehr Zeitsouveränität zu ermöglichen.

Im Teilzeit- und Befristungsrecht wird ein Recht auf befristete Teilzeit eingeführt. Insbesondere für Frauen ist es wichtig, nach einer Familienphase ihre beruflichen Pläne voll verwirklichen zu können.

Wir wollen die bestmögliche Betreuung für unsere Kinder und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu unterstützen wir Länder und Kommunen weiterhin beim Ausbau des Angebots und bei der Steigerung der Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen und dem Angebot an Kindertagespflege sowie zusätzlich bei der Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit.

Wir werden einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter schaffen.

Der VRB engagiert sich für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Bereichen und setzt sich für mehr Frauen in Führungspositionen sowie die Gleichbehandlung von Frauen bei Beurteilung und Beförderung ein. Welche Schwerpunkte setzen die künftigen Regierungsparteien in ihrer Frauenpolitik?

CDU, CSU, SPD:
Dem öffentlichen Dienst kommt für die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Vorbildfunktion zu. Wir wollen daher die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes bis 2025 erreichen. Dazu werden wir dieses Ziel für den Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes festschreiben. Gleichzeitig werden wir die Teilzeittätigkeit in Führungspositionen stärker als bisher ermöglichen. Bei der Feststellung von Kompetenzen im Rahmen dienstlicher Beurteilungen sind Erfahrungen und Fähigkeiten aus Erziehung und Pflege zu berücksichtigen.

Der VRB tritt für die Rechte von Kindern ein und unterstützt deren Verankerung im Grundgesetz. Wir begrüßen daher sehr, dass die künftige Bundesregierung dieses wichtige Thema in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat!

CDU, CSU, SPD:
Wir werden Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern. Kinder sind Grundrechtsträger, ihre Rechte haben für uns Verfassungsrang. Wir werden ein Kindergrundrecht schaffen. Über die genaue Ausgestaltung sollen Bund und Länder in einer neuen gemeinsamen Arbeitsgruppe beraten und bis spätestens Ende 2019 einen Vorschlag vorlegen.

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